2007 war jetzt vorbei
Stoiber trat zurück, um sich bei der EU für Demokratieabbau einzusetzen. Klaus Eberhartinger trat auch zurück, aber auch vor und nach links und nach rechts in der ORF-Tanzshow „Dancing Stars“. „Demokratieabbau“ ist natürlich dummes Zeug, dafür ist Wolfgang Schäuble zuständig. Es ist keine Demo, es ist ein Büro, was Stoiber abbauen will. Bürokratieabbau. Die Demo in Heiligendamm hätte er sicherlich auch gerne abgebaut, aber die musste nur seine Wolfratshausener Frühstückspartnerin ertragen. Hat aber eh nichts gemerkt davon, der Strandkorb hatte nur in eine Richtung Sicht. Eine eingeschränkte Sicht hatte auch der „Mr. Pharmacy 2007“ und trat vom Radsport zurück, weil er kein Blut sehen konnte. Die Ärzte der ehemaligen Tour-Teilnehmer hätten Herrn Eberhartinger sicherlich einige homöopatische Mittelchen verschreiben können, aber der EAV-Sänger schwor lieber auf die gute alte Taktik der Indianer, die bekanntlich Schmerz nicht kennen, zumindest nicht vom Namen her, vielleicht vom Gesicht. Trotz Rippenbruch tanzte sich Eberhartinger bis ins Finale der Tanzshow und gewann. Als echter Mann ist es eine Frage der Ehre, trotz Krankheit weiterzumachen. Und ein Rippenbruch beim Hochheben einer hübschen Blondine ist auf der Coolness-Skala deutlich weiter oben als ein Hexenschuss beim Bierholen. Stichwort Schuss: Knut begeisterte Millionen, der bayerische Schnappi konnte bis zu seiner Absetzung vom Ministerposten erfolgreich vom TV-Eisbären ferngehalten werden. Es ist manchmal so einfach, die Massen zu begeistern: Ohne Spezialeffekte, ohne Tricks. Der Bär arbeitete einfach mit seiner schieren Präsenz auf der Bühne. Genauso wie die Verunsicherung in der exzellenten Unplugged-Session. Darauf ein Bierchen, schnell von „Plus“ geholt. Und dabei noch eine EAV-CD mitgenommen. Nämlich die „Palermo-Edition“ von „100 Jahre EAV“, die nur in diesen Supermarkt-Läden zu kaufen war. Dank dieser Aktion gelang es der Plattenfirma, das Jubiläumsalbum in Deutschland auf Gold-Niveau zu erheben. In Österreich ist es Dauergast in den Charts und knackte im September die Rekord-Marke von „Geld oder Leben“ bezüglich Charts-Präsenz (mehr als 78 Wochen). Altes Zeug läuft halt doch am besten, will man meinen. Sagte auch die CSU und ersetzte Stoiber durch Beckstein und Huber. Pauli dachte laut über die zeitlich beschränkte Partei-Mitgliedschaft nach und ging mit gutem Beispiel voran. Auch die Liebe will sie auf sieben Jahre begrenzen von Staats wegen. Dagegen setzte die EAV ein deutliches Zeichen: „Amore XL“ hieß das erste vollständig neue Studioalbum seit über vier Jahren und handelt von der Liebe im Allgemeinen und Besonderen. Ein tolles Werk mit einem bescheuerten Titel voller Überraschungen, zumindest mit mehr Überraschungen als die Parlamentswahl in Russland. Putins Partei, ein klarer Außenseiter, schaffte es überraschenderweise sehr deutlich zu gewinnen. Das war so unwahrscheinlich wie die Chance, bei der Bild-Zeitung ein Los zu kaufen und dann ein Drittel von 45 Lotto-Millionen zu gewinnen. Als bescheidener Österreicher gibt man sich auch mit weniger zufrieden, wenn man dafür in einer Quizshow von Klaus Eberhartinger teilnehmen darf. Im Jahr 2008 quizzt Eberhartinger zwar nicht mehr, dafür befragt er tanzende Prominente in der neuen Staffel von „Dancing Stars“. Knallharte Fragen stellt auch für gewöhnlich Thomas Gottschalk. In der letzten Folge im Jahr 2007 seiner Sendung „Wetten, dass...?“, ein unscheinbares Kleinod am Samstagabend, war Klaus Eberhartinger für die Außenwette, Schmarrn und Politiker zuständig. Es ist zwar nicht verbrieft, dass es beim letzten Abendmahl Kaiserschmarrn gab, aber sicher ist, dass der ehemalige EAV-Mitbegründer Nino Holm in einer Passauer Ausstellung für ordentlich Wirbel mit seiner Parodie auf das Bild „Das letzte Abendmahl“ von Leonardo da Vinci sorgte. Skandal! So heißt das Tribute-Album für die „Spider Murphy Gang“, auf dem Klaus Eberhartinger „Rock'n'Roll Rendezvous“ coverte. Weitere musikalische Highlights: Wilco schafften es tatsächlich, zum dritten Mal hintereinander ein Meisterwerk abzuliefern, mit Claudia Korreck hat Bayern ein sympatisches Naturtalent gefunden, Birgit Denk glänzte ironischerweise auf Ihrer Unplugged-Tour mit gar nicht so lauten Tönen und Tocotronic können es immer noch. Das Jahr 2007 war ein gutes Jahr für die EAV, so gut wie ein Kaiserschmarrn mit Kaviar: bodenständig solide, süß wohlschmeckend mit edler Einlage, eine ungewöhnliche Mischung. Mal sehen, ob das Jahr 2008 das Niveau halten kann oder ob wir auf Semmelschmarrn umsteigen müssen.
Autor: Alexander Mayer
Letzte Änderung: 28.12.2007