Notizen über die allgemeine Verunsicherung

Oha!

Es war kurz nach neulich und später als gestern. Kaum betrat ich die Altbau-Wohnung, die Party war bereits in vollem Gange, da schallte mir

„Die Camorra, der Herr Pforrer, die Minister Wir war'n alle wie Geschwister!“

entgegen. Jemand der anwesenden Gäste konnte die Musik sofort als „Heiße Nächte in Palermo“ identifizierten. Es folgten die üblichen Kommentare:

„EAV. Die hab ich als Kind sehr gern gehört.“,
„Von denen hab ich ja schon seit Jahrzehnten nichts mehr gehört. Gibt's die noch?“

Der Gastgeber, den ich gerade jauchzend mit dem Spruch „ein Hoch auf den Herrn Kapellmeister“ als Dank für die gute Musikwahl begrüßte, verwies für weiterführende Fragen an mich. Jemand meinte daraufhin zu mir:

„Du bist EAV-Fan? Oha!“

Als EAV-Fan ist man ja auf viele Kommentare gefasst. Aber „oha!“ gab mir Rätsel auf. Wie war diese Bemerkung gemeint? Was erwidert man auf dieses Wort? Nachträglich habe ich im „Deutschen Wörterbuch“ von Wahrig nachgeschlagen:

oha! ... (Ausruf der Überraschung, Verwunderung, des Erschreckens)

War die Fragestellerin überrascht, dass gerade ich die EAV höre? Oder dass es überhaupt noch Menschen gibt, die sowas hören? Oder wollte sie damit ihre Hochachtung vor meinem Mut ausdrücken, dass ich mich freiwillig als Fan oute? Vielleicht war es ja ganz positiv gemeint. Fand sie es interessant, dass sich jemand mit der EAV beschäftigt? Mochte sie auch die EAV und freute sich, einen Gleichgesinnten zu treffen? Zumindest den Ausdruck des Erschreckens kann ich ausschließen. Sie fiel nicht vom Stuhl und wirkte auch sonst recht gefasst.

Nun bloggt es sich ja im Nachhinein leicht. Da kann man überlegen, fabulieren und seine Gedanken sortieren. In der Realität muss die Kommunikation jedoch spontaner ablaufen. Ich aktivierte meine ganze Schlagfertigkeit, so dass es zu folgendem Dialog kam:

Sie: „Du bist EAV-Fan? Oha!“
Ich: „Genau.“
Sie: „Es gibt übrigens Sushi.“

Kommunikation wird eh maßlos überschätzt. Und manchmal gibt es auch wichtigere Gesprächsthemen als die Verunsicherung. Es war eine schöne Party.

Autor: Alexander Mayer

Letzte Änderung: 27.12.2006