Notizen über die allgemeine Verunsicherung

S'Muaterl

Ein altes Mütterlein mit silbergrauen Haaren,
vom Schicksal schwer geprüft erträgt sie jedes Leid.
Sie ist ihr Leben lang gar grausam eingefahren,
doch die Kirchensteuer zahlt sie brav noch heut'.

Von ihren Söhnen ist keiner mehr am Leben,
die hat das Vaterland im Krieg irg'ndwo verlor'n.
Auch ihr Kanari hat den Löffel abgegeben,
weil die Nachbarskatz' is unlängst hungrig wor'n!

Lauscht sie dem Pfarrer am Sonntag nah der Kanzel,
denkt sie kummervoll zurück an ihren Franzl,
den ihr der Herrgott nahm in Auschwitz ganz barbarisch,
weil er ein Roter war und net besonders arisch.

Voller Ehrfurcht vor Maria, die wo gebenedeit,
denkt sie trotzdem bei sich von Zeit zu Zeit:

Herrgott, es gescheh' dein Wille!
Nur manchmal glaub' ich
du brauchst eine Brille
und auch ein Hörgerät,
weil du siehst und hörst mi net,
wenn's mir da herunten dreckig geht.
Aber vielleicht muass des so sein,
vielleicht muass des so sein...

Sie hat nur einmal Glück g'habt in ihr'm Leben,
ein Lotterie-Gewinn und der war steuerfrei.
Der Pfarrer wollt ihr gleich die letzte Ölung geben -
und seitdem ist des Kirch'ndachl neu.

Ihr Nachbar, der war nie noch in der Kirch'n,
raucht hundert Tschick am Dog und sauft zwa Liter Wein,
is pumperlg'sund doch unser armes, braves Muaterl,
hot a hine Leber und a Raucherbein!

Und wie der Messner grad mit dem Klingelbeutel kommt,
da hat er g'hört, wie des oide Muaterl summt:

Herrgott, es gescheh' dein Wille!
Nur manchmal glaub' ich
du brauchst eine Brille
und auch ein Hörgerät,
weil du siehst und hörst mi net,
wenn's mir da herunten dreckig geht.
Aber vielleicht muass des so sein,
vielleicht muass des so sein...

Sieht sie im Fernseh'n daham die Schreckensbilder
nur von Hunger, Elend, Not & Tod.
Dann bedauert sie den Herrgott immer wieder,
dass er im Himmel kan' Farbfernseher hot!

Sieht sie den Papst dann am Flugplatzboden kleben,
einem Diktator beide Hände geben,
in einem Land, wo Bomben fall'n und Kinder sterb'n,
und wo gefoltert wird, dann möcht's am liebst'n rea'n!

Sie bet' ein Vaterunser und sagt: „Es ist ein Skandal -
unser'm Herrgott sein Bodenpersonal!“

Herrgott, es gescheh' dein Wille!
Nur manchmal glaub' ich
du brauchst eine Brille
und auch ein Hörgerät,
weil gerecht is des all's net
wie's da bei uns herunt'n zugeht;
wos da auf Erden all's passiert,
daß sogar dem Teufel anders wird...

Credits

Text: Thomas Spitzer
Musik: Thomas Spitzer, Nino Holm, Eik Breit, Klaus Eberhartinger, Günther Schönberger
Sänger: Klaus Eberhartinger
Produzent: Peter Müller

Siehe auch

Hintergrundinformationen der Publikation: „Neppomuk's Rache“

Publikationen

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Varianten

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Live

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TV-/Radio-Auftritte